Unverändert

Ich war noch nie ein Streber. Ich wollte nie die Beste sein oder gewinnen. Sich beim Sport selbst zu quälen, um bessere Leistungen zu erzielen, konnte ich nicht. Und wollte ich vor allem nicht. Leiden, nur um ein bisschen fitter, schöner oder erfolgreicher zu werden?

Ich habe es trotzdem gemacht. Ich habe Ziele erreicht − mit Bravour − Pläne umgesetzt. Ich kann mich noch gut an diese Zeiten erinnern. Den Mechanismus habe ich immer noch in mir.

Aber innerlich strebe ich immer noch nach nichts, habe kein Ziel. Träume schon, ja. Aber eher um des Träumens willen. Da kann man so schön nichts tun. Und ich tue unglaublich gerne nichts. Die Momente, in denen ich nicht strebe − weder gedanklich, physisch und psychisch − sind Momente absoluter Freiheit.

Irgendwie habe ich das Gefühl, das auch ohne mein Zutun alles weiter geht. Die Welt und auch ich, wir verändern uns sowieso ständig. In jedem klitzekleinen Moment, bei jedem Atemzug. Wofür soll ich mich dann noch anstrengen? Für Ruhm und Ehre, für bewundernde Blicke, um nichts zu verpassen oder gar für Geld?

Um mich herum wächst, rennt, und kreiert es trotzdem weiter. Die Menschen suchen, hetzen, streben. Und schauen mitunter seltsam mitleidig auf mich herab. Depression, Lethargie, Stillstand, Faulheit, Apathie wird diagnostiziert. Ich fühle das nicht. Nur einsam fühle ich mich manchmal in meinem Nichtstreben.

Unverändert

2 thoughts on “Unverändert

  1. Ich weiß nicht, wie alt Du bist. Aber was Du schreibst, erinnert mich an meine frühe Studienzeit. Ich war enorm befreit vom Druck in der Schule – als ich studierte, gab es noch keine festgetackerten Studienzeiten, höchstens Empfehlungen und gerade in Geisteswissenschaften war es angesagt, sich in anderen Fächern eine Weile umzuschauen. Ich empfinde Konkurrenz auch heute noch als – sagen wir, lästig – aber als Freiberuflerin habe ich (machmal auch schmerzlich) erfahren müssen, dass es hier und da nicht anders geht, oder sagen wir, erwartet wird. Als ich anfing, dachte ich, Leistung allein würde reichen. Das stimmt so nicht. Manchmal wird Leistung sogar mit Arroganz verwechselt, etwas, was ich nur sehr mühsam verstehen konnte. Absichtlich keine Ziele anzustreben – auch das habe ich als junge Frau als Ziel für mich erkannt. Jedoch nicht lange durchgehalten. Meine Ziele heute sind nicht beruflicher Natur. Obwohl, nein, es gibt schon noch ein paar Sachen, die ich unbedingt machen möchte. Aber es gibt Dinge, die ich in meinem Leben noch unbedingt machen möchte. Daran kann ich mich festhalten, wenn mal wieder der Boden unter den Füßen wegbricht.

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    1. Hallo Stephanie.

      Ich kann Deine Erfahrungen gut nachvollziehen, jedoch habe ich das selbst so nie erlebt.

      Ich bin 38 und habe Schule, Studium, Angestelltendasein und jetzt auch Freiberuflichkeit alles schon erlebt. Keine Ziele zu haben ist nichts, was ich mir bewusst vorgenommen habe, es ist eher eine Charaktereigenschaft. Auch Leistungsgedanken sind bei mir nicht einprogrammiert. Ich bin sogar unglaublich faul. Konkurrenz nehme ich nicht wahr, weil ich mich nicht messe, mit Niemandem. Aber nicht bewusst, sondern rein aus einer nicht vorhandenen inneren Haltung heraus. Scheint genetisch zu sein ;o)

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