Da waren es nur noch…

Die letzten Jahre kann man praktisch dabei zusehen, wie sich mein Hab und Gut minimiert. Es vergeht keine Woche, in der ich nicht etwas verkaufe, verschenke oder in die Altkleidersammlung gebe. Zu Beginn hatte das konkrete Gründe. Der Start meiner Weltreise, eine kleinere Wohnung und auch ganz grundsätzlich die Auseinandersetzung mit der Thematik: „Was und wie viel brauche ich wirklich?“

Doch schon seit einiger Zeit frage ich mich selbst, warum ich mich immer mehr von all diesen Dingen trenne. Warum brauche ich so viel freien Raum um mich herum? Was nimmt mir die Luft zum Atmen? Versuche ich so eine „Frei“heit zu erzeugen, die eigentlich in meinem Kopf stattfinden müsste? Warum verwehre ich mir alle den Konsum?

Bei Wikipedia findet man unter dem Begriff Konsum den Satz: „Eine Konsumgesellschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass die Menschen nicht nur das konsumieren oder kaufen, was sie zum Überleben benötigen, sondern auch die „schönen“ Dinge des Lebens.“

Verwehre ich mir vielleicht die „schönen Dinge des Lebens“, indem ich nur noch das konsumiere, was ich wirklich gebrauchen kann? Grenzt das Ganze schon an Selbstkasteiung und der Meinung, das ich das Schöne gar nicht verdient habe? Oder ist es doch mehr so, dass das, was die Gesellschaft und viele Menschen um mich herum als schön, angenehm, interessant und erstrebenswert finden, bei mir einfach keine Begeisterungsstürme und gute Gefühle auslöst? Im Gegenteil. Ich finde die Dinge geradezu abartig, sie erzeugen Beklemmungen und sind für mich alles andere als schön.

Ich nenne es vielmehr ein umgepoltes Lernen. Das stetige Trennen von Dingen und Zuständen, die mir nicht gut tun, und das Wissen darum, was ich nicht brauche, bringt mich täglich näher an das was ich will. Auch wenn ich selbst noch nicht weiß, was das am Ende sein wird.

Da waren es nur noch…

Herz

Und wenn ich die Augen öffne
dann ist da eine neuer Morgen
ein neuer Tag.
Voll Hoffnung
voller Tatendrang
neuem Mut und einem Lächeln auf den Lippen.

Ich blinzle in den Himmel
wo die Sonne mein Strahlen auffängt
die Vögel mir die Freiheit vorfliegen
und die Wolken Bilder für mich malen.

Mein Herz lacht
es ist ausgeruht und friedlich leer.
Offen für Neues, ob Schmerz oder Freude.
Bereit für neue Aufgaben.
Mein starkes Herz
immer an meiner Seite
mutig und groß.

Herz

Blinde Kuh

Ich sehe nichts, meine Arme sind nach vorne gestreckt, meine Hände weit geöffnet, um etwas einzufangen. Ich laufe langsam, taste mich in verschiedene Richtungen. Drehe mich im Kreis. Manchmal halte ich inne. Um mich herum Geräusche, Stimmen, die Sonne, die meine Nase kitzelt oder ein Wind, der durch meine Haare weht.

Dann wieder ist es ganz still. Ich konzentriere mich, versuche etwas herauszuhören oder etwas zu erahnen. Ein schneller Schritt nach Vorne, ein schnelles Zugreifen. Aber nichts als Leere. Jemand tippt mir auf die Schulter, ich drehe mich ruckartig um, versuche ihn zu schnappen. Fehlanzeige.

Schon bin ich verzweifelt, denke ans Aufgeben, langweile mich, vermisse irgendeinen Erfolg. Meine Arme hängen schlapp herunter. Ich stehe fest, den Kopf gesenkt. Durch die Stille hindurch höre ich ein leises Rascheln direkt vor mir! Ein beherzter Schritt nach Vorne, meine Arme packen zu. Ich halte etwas in den Händen!

Das Gefangene nicht loslassend, reiße ich mir den Schal von den Augen und muss beim Anblick laut loslachen.

Das ist mein Leben. Es ist ein schönes Spiel.

Blinde Kuh

Outing

Wenn ich Nüsse, Gummibären oder anderen Knabberkram esse, dann zähle ich immer mit, wie viele ich esse. Folgende Zahlen sind in Ordnung: 2, 4, 6, 8, 9, 11, 13, 16, 18, 19, 20 (in Ausnahmefällen), 22, 24, 25, 28 usw. Alle anderen Zahlen gehen gar nicht. Nie würde ich nach 17 Nüssen aufhören zu essen! Mindestens eine muss es dann noch sein, sonst habe ich ein ganz schlechtes Gefühl.

Mein Lieblingstier ist bis zum heutigen Tag die Ente. Eigentlich finde ich Enten gar nicht so prickelnd, aber meine beste Freundin Anita hatte im Kindergarten als Abbildung an ihrem Kleiderhaken eine putzige Ente. Aus reiner Liebe und Loyalität zu meiner besten Freundin und dem selbst auferlegten Versprechen, ihr bis zum letzten Tage treu zu bleiben, blieb die Ente. Anita ging.

Die Wahl meiner Zweit-Lieblingsfarbe, man weiß ja nie wann man mal danach gefragt wird, sagte ich mir mit meinen fünf Jahren – gestaltete sich etwas schwieriger. Zunächst befragte ich alle an diesem Tag im Kindergarten anwesenden Mitstreiter nach ihrer Erst-Lieblingsfarbe. Nach erfolgreicher Auswertung musste ich mit Entsetzen und Traurigkeit feststellen, dass Niemand, ich betone: Niemand, die Farbe Grün als Lieblingsfarbe nannte. Meine schon von Kindesbeinen stark ausgeprägte soziale Ader ließ mir keine andere Wahl. Bis zum heutigen Tag rangiert Grün direkt nach Gelb auf meiner Farb-Hitliste.

Im frühen Teenie-Alter habe ich mich hinter den Ohren mit Zimt eingestäubt, weil ich in einem Magazin meiner Mutter gelesen hatte, dass Männer positiv auf diesen Duft reagieren. Sie verbinden damit Geborgenheit, Häuslichkeit und Vertrauen. Bei den bräunlichen Flecken hinter meinen Ohren, dachten die meisten Männer wahrscheinlich eher an fehlende Körperhygiene. Und so wurde es auch nichts mit dem Traumprinzen.

Als ich mit Anfang Zwanzig in eine neue Stadt zog, habe ich ein Jahr geglaubt, dass ich in der wunderschönen Mühlheimer Talstraße wohnte. Erst als ich in einem Zeitungsartikel von weit reichenden Bauarbeiten in der MÜLLheimer Talstraße las, fragte ich mich: „Wer wohnt in einer Straße mit so einem hässlichen Namen?“ Mein daraufhin zu Rate gezogener Mietvertrag verriet es mir: Menschen wie Du. Und ich.

Sollte Interesse an weiteren Auszügen aus meiner Liste oder der Gründung einer Selbsthilfegruppe bestehen, bitte ich um eine persönliche Nachricht.

Outing

Was nicht passt, wird passend gemacht.

So lautet der Titel eines eher mittelmäßigen Filmes, den ich mir vor Jahren ansehen „musste“. Und da geht es schon los. Eigentlich kann mich keiner dazu zwingen, Dinge zu machen, die ich nicht will. Doch die meisten Menschen neigen dazu, sich und ihr Handeln anzupassen. Dafür kann es schöne Gründe geben, wie Liebe, Fürsorglichkeit, den Wunsch nach Gemeinschaft und Nähe. Aber auch nicht so schöne Gründe, wie emotionale und finanzielle Abhängigkeit, Ausweglosigkeit, Lethargie.

Jeder kennt die einfache Aufgabe Bauklötze verschiedener Formen in die dafür passende Öffnung zu bugsieren. Als Kind lernen wir schnell. Nach ein paar falschen Versuchen, gelangen die passenden Bauklötze in die dafür vorgesehenen Öffnungen. Kein Kind würde auf die Idee kommen ein Messer auszupacken und die Klötze zurechtzuschnitzen. Viel zu anstrengend. Außerdem würden dann viele Löcher ungenutzt bleiben. Das ganze System wäre also nicht mehr wirklich brauchbar. Das Kind lernt einfach schnell, wo welcher Bauklotz hinein passt, merkt sich das und freut sich an dem Erfolg. Stundenlang. Immer wieder. Ohne dabei die Freude zu verlieren.

Schon als Kind sind wir also ganz schnell in der Lage, das Passende – und für uns Richtige – herauszufinden und es dann auch zu machen oder vehement einzufordern.

Als Erwachsene verlernen wir diese Fähigkeit anscheinend wieder. Wir werden so lange nacheinander in ein Loch hineingepresst, bis wir durchpassen. Bei dem Einen oder Anderen passt es tatsächlich, der nächste ist von weichem Material und flutscht ganz einfach durch, während beim nächsten nur kleine Korrekturen vorgenommen werden müssen. Einige jedoch passen gar nicht. Um sie in die Öffnung zu bekommen, müssen großformatige, oft schmerzhafte Beschneidungen und Verformungen durchgeführt werden, die dazu führen, dass am Ende nicht mehr viel vom Original übrig bleibt.

Und dann gibt es noch Diejenigen – so speziell in ihrer Form und in ihrem Material – dass sie einfach nicht zu verformen sind.

Was nicht passt, wird passend gemacht.

Scham los

Soweit ich mich zurückerinnern kann, habe ich mich schon immer für irgendetwas geschämt. Die letzten Tage meiner schamlosen Zeit hatte ich wohl am Anfang meiner Schulzeit, als man mich befragte, was mein Vater beruflich mache. Ganz stolz verkündete die kleine Dani, dass ihr starker Papa „Häuserbauer“ ist. In meinen Augen war das damals etwas ganz Großes. Jemand der ganze Häuser baut. Wow! Das musste man erst mal können.

Erst später lernte ich, dass mein Vater eigentlich Maurer und Zimmermann ist und auf dem Bau arbeitet. Ein in unserer Gesellschaft nicht ganz so angesehenes Tätigkeitsfeld. Ganz dem Klischee entsprechend, war mein Vater auch umgeben von vielen anderen ausländischen Kollegen. Türken, Polen, Griechen. Seine Sprachkenntnisse konnte er damit nicht verbessern. Er blieb ein Ausländer und ich das Gastarbeiterkind.

Das Bild meines tollen, starken Papas bekam einen Sprung.

Meine Mama traf es nicht besser. Putzfrau war ihr Titel. Morgens, mittags und am Wochenende putzte sich meine Mutter durch deutsche Haushalte, Kindergärten und Hotels. Ich habe sie nie jammern hören und meine Eltern sorgten dafür, dass wir eine wundervolle, unbeschwerte Kindheit hatten.

Trotzdem. Ich schämte mich. Ich wollte es besser machen. Und die Voraussetzungen waren gut. Ich war optisch nicht „auffällig“. Weder Vor- noch Nachname verrieten meine Herkunft. Ich war hübsch, nett, wohlerzogen und integrierte mich als fleissige Schülerin bestens in Schule, Sportverein und einen gutbürgerlichen Freundeskreis. Ich verleugnete meine Eltern, meine Wurzeln.

Das funktionierte alles wunderbar. Meine Rolle war perfekt: Das liebenswerte, voll integrierte Mädchen von nebenan. Ich spielte diese Rolle noch viele Jahre. Machte mein Abitur, Ausbildung, Studium, Auto, Wohnung, super Job, toller deutscher Freund. Die Menschen, die mich damals umgaben, fanden das toll und waren nicht daran interessiert, die andere Seite kennenzulernen. Im Gegenteil.

Und im Hintergrund und meinem Unterbewusstsein schämte ich mich weiter. So tief in mir vergraben war dieses Gefühl irgendwann, dass ich es nicht mal mehr wirklich spürte. Ich schämte mich immer noch für meine Herkunft, meine Eltern, jeden kleinen Fehler den ich machte, meine Unzulänglichkeiten und meine Unfähigkeiten. Ich schämte mich für das, was ich eigentlich war.

Irgendwann ging es nicht mehr. Von heute auf morgen. Ganz schnell und überraschend und doch Schritt für Schritt über viele Jahre, in denen ich viel an mir verändert habe. Nicht nur das Aussen, aber vor Allem das Innen. Ich verändere immer noch. Und ich fühle wieder. Dann bin ich wie die kleine Dani von vor dreissig Jahren: Voll Stolz. Auf meine tolle Familie. Auf meine Eltern, für all das was sie geleistet haben und was sie uns Kindern gegeben haben. Und vor allem auf mich. Mit all meinen Fehlern.

Scham los

Mini me

Wie wichtig bin ich und wie wichtig kann ich mich nehmen, angesichts der viel wichtigeren Probleme auf dieser Welt? Bin ich nicht ein kleines Nichts, verschwindend gering unter den Milliarden Menschen, die es auf unserem Planeten gibt? Und bin ich nicht ein verschwindend kleines Staubkorn in den weiten des Universums? Was ist mein Leben wert, wenn ich und meine Taten einen so geringen Einfluss nehmen können? Wie kann ich mich dann so wichtig nehmen? Wie können andere Menschen sich dann so wichtig nehmen?

Dieser Gedanke hat mich über lange Zeit irgendwie deprimiert aber auf der anderen Seite, vor allem in Bezug auf meine Probleme und Problemchen, ein ganzes Stück weit entlastet. Wen interessieren meine paar hundert Euro Minus auf dem Konto, meine schlecht sitzende Frisur oder meine niemals manikürten Nägel? Keinem wird es auffallen, wenn ich zwei verschiedene paar Socken anhabe oder in meinem Lebenslauf ein kleiner Rechtschreibfehler ist. Und Derjenige, dem das alles auffällt, nimmt sich vielleicht selbst ein bisschen zu wichtig.

Vor allem aber habe ich eins gelernt: Auch wenn ich nur eine ganz kleine Nummer auf diesem Planeten bin, habe ich die Fähigkeit Menschen mit meinem Lachen anzustecken, Ihnen durch eine feste Umarmung all meine Liebe zu geben und durch meine Worte gute Ideen zu säen. Und noch etwas habe ich gelernt: Auch ein Staubkorn wie ich, bedeutet für manche Menschen das ganze Universum.

Mini me

Aus Zwei mach Eins

Du wirst irgendwie erwachsen und bleibst doch ein Kind. Du bist ein absolutes Individuum, doch auch ein Mix aus zwei Komponenten, die im besten (manchmal aber auch im schlimmsten) Fall, immer noch irgendwie vereint sind. Du spürst bedingungslose Liebe und trotzdem stehen da Deine größten Richter und Kritiker vor Dir. Du führst schon lange ein eigenes und mitunter völlig anderes Leben und doch fühlst Du Dich nirgends mehr zuhause und aufgehoben. Von Niemandem läßt Du Dir weniger sagen und wünschst Dir doch bei den wichtigsten Entscheidungen im Leben ein (manchmal auch unausgesprochenes) Einverständnis. Sie sind Vorbilder und doch will man alles anders machen. Du kannst die größten Fehler machen und die Ersten, die Dir verzeihen, sind sie.

Irgendwann kannst Du es nicht mehr verleugnen. Du bist das Produkt dieser doppelten Energie und dieser bedingungslosen Liebe. Erst, wenn Du das erkennst und annimmst, kannst Du das wundervolle Neue wirklich sehen.

Aus Zwei mach Eins

CroDada

Lustige Gedanken, Amarettini-Wölkchen, unkontrollierte und nicht nachgerechtschreibte Wörter, die einen kurzen und ungeschönten Einblick in mein Inneres geben. Urlaub, Sonne, Strand, Ozeanrauschen sind meine treuen Begleiter diese Tage. Meine Füße stehen auf Heimatboden 1.0 und laufen Kilometer ab und aus meinem Mund kommen fremde und doch vertraute Wörter, koje ovdje možda niko ne razumi.

Zeit für Gedanken, Bücher und Emotionen, die sonst keinen Raum finden. Neue Ideen, die man retten will, festhalten, damit sie im wieder nahenden Alltag nicht untergehen. Raum, Freiraum, Zeitraum für Echtes, Wahres, Wundervolles. Die Uhr dreht sich zurück und wieder nach vorne. Zeigerdreherwirwarr, Gedankenrührei, Achtsamkeitsproblematik, Schmerzfestnagelung.

Mutter-Vater-Kind-Spiele, Eltern-Kind-Turnen und Haus-Ausbau-Betreuungsphasen wechseln sich ab. Mal hier im Jetzt, dann dort in alten Fotoalben und wieder zurück im Alltags-Morgen-Heute-Trallala.

Fisch vom Grill.

CroDada