Eine nicht unwesentliche Wegstrecke meines Lebens bestritt ich in Schuhen, in denen ich von Anfang an nicht besonders gut laufen konnte. Aber es waren schöne Schuhe, sehr schick, zum Herzeigen perfekt geeignet. Jeder hat sie bewundert.
Auch ich mochte sie sehr, habe sie gepflegt und mich mit ihnen in der Öffentlichkeit gezeigt. Sie zwickten und zwackten zwar ein wenig und ich sah desöfteren den einen oder anderen Damenfuß der von einem ebenso schönen Schuh geziert wurde, aber das ignorierte ich mühelos. Es waren wirklich tolle Schuhe! Doch irgendwann merkte ich, dass ich mit Ihnen auf der Stelle lief. Ich konnte mir das gar nicht erklären, aber es war nicht weiter zu leugnen. Die Dinge um mich herum wiederholten sich, die Probleme blieben. Mein Leben verlor an Phantasie, Weite und Tiefe.
Ich beschloss von einem Tag auf den anderen barfuß zu laufen. Es fühlte sich zu wunderbar an! Ich war befreit, wie neugeboren, schwebte über den Dingen, lief einfach los. Ich kam in Regionen, in denen ich noch nie gewesen war, ließ alles hinter mir. Der direkte Zugang zur Erde und zum Leben tat mir gut. Ich spürte mich und meine Füße. Wir durften wieder atmen.
Doch schon bald stellte ich fest, dass meine zarten Füße für manch steinigen Weg nicht geeignet waren. Der Kälte und Härte konnten sie nicht dauerhaft standhalten und ich fühlte mich mehr und mehr schutzlos. Ich wurde langsamer, es tat weh.
Ich laufe immer noch barfuß. Die alten Schuhe habe ich längst weggeschmissen. Aber es wird Zeit für ein neues Paar Schuhe. Ein robustes Paar. Eines, das vielleicht keinen Schönheitspreis gewinnt, aber perfekt passt, mir nicht weh tut und mich vor allem weit trägt. Ein bisschen muss ich noch suchen. Solch ein paar Schuhe gibt es nicht im Einzelhandel. Aber ich bin mir sicher, dass ich sie bald finde und dann laufe ich einfach los.