My two pair of shoes

Eine nicht unwesentliche Wegstrecke meines Lebens bestritt ich in Schuhen, in denen ich von Anfang an nicht besonders gut laufen konnte. Aber es waren schöne Schuhe, sehr schick, zum Herzeigen perfekt geeignet. Jeder hat sie bewundert.

Auch ich mochte sie sehr, habe sie gepflegt und mich mit ihnen in der Öffentlichkeit gezeigt. Sie zwickten und zwackten zwar ein wenig und ich sah desöfteren den einen oder anderen Damenfuß der von einem ebenso schönen Schuh geziert wurde, aber das ignorierte ich mühelos. Es waren wirklich tolle Schuhe! Doch irgendwann merkte ich, dass ich mit Ihnen auf der Stelle lief. Ich konnte mir das gar nicht erklären, aber es war nicht weiter zu leugnen. Die Dinge um mich herum wiederholten sich, die Probleme blieben. Mein Leben verlor an Phantasie, Weite und Tiefe.

Ich beschloss von einem Tag auf den anderen barfuß zu laufen. Es fühlte sich zu wunderbar an! Ich war befreit, wie neugeboren, schwebte über den Dingen, lief einfach los. Ich kam in Regionen, in denen ich noch nie gewesen war, ließ alles hinter mir. Der direkte Zugang zur Erde und zum Leben tat mir gut. Ich spürte mich und meine Füße. Wir durften wieder atmen.

Doch schon bald stellte ich fest, dass meine zarten Füße für manch steinigen Weg nicht geeignet waren. Der Kälte und Härte konnten sie nicht dauerhaft standhalten und ich fühlte mich mehr und mehr schutzlos. Ich wurde langsamer, es tat weh.

Ich laufe immer noch barfuß. Die alten Schuhe habe ich längst weggeschmissen. Aber es wird Zeit für ein neues Paar Schuhe. Ein robustes Paar. Eines, das vielleicht keinen Schönheitspreis gewinnt, aber perfekt passt, mir nicht weh tut und mich vor allem weit trägt. Ein bisschen muss ich noch suchen. Solch ein paar Schuhe gibt es nicht im Einzelhandel. Aber ich bin mir sicher, dass ich sie bald finde und dann laufe ich einfach los.

My two pair of shoes

Mitziehungskraft

„Ein Tempomacher ist allgemein ein Teilnehmer, der eingesetzt wird, um unabhängig von seinem eigenen Wettkampferfolg für eine bestimmte Renngeschwindigkeit zu sorgen.“

Manchmal finde ich mein eigenes Tempo nicht mehr. Habe keine Energie und bin mir auch nicht mehr sicher, in welche Richtung ich eigentlich laufen soll.

Meine Glieder sind schwer, alle Anderen rauschen an mir vorbei, mit diesem vermeintlich festen Ziel im Blick und ich und würde am liebsten erschöpft einfach stehen bleiben und aufgeben.

Und dann kommen die Handvoll Menschen ins Spiel, die wir lapidar „Freunde“ nennen. Aber sie sind so viel mehr. Es sind Menschen, die mich verstehen, meine Energie spüren, die mir zuhören und genau wissen, wovon ich rede. Die mit meinen Augen sehen können, mit meinem Herzen fühlen. Die mich vorantreiben, ohne zu hetzen. Die meinen Weg mitgehen wollen, für eine Weile, völlig selbstlos. Die mir einen Teil ihrer Energie schenken, um das Beste aus mir herauszuholen. Ohne eigenen Gewinn, nur mit der Gewissheit, dass ich wieder neuen Mut fasse und wieder an mich glaube. Es sind diese Menschen, die bedingungslos vor mir herrennen, Tempo machen und mich mitziehen. Die nicht zulassen, dass ich aufgebe oder nach hinten schaue.

Und irgendwann – wenn sie wissen, dass ich soweit bin – bleiben sie stehen. Erschöpft, aber mit dem Wissen und Vertrauen, dass ich wieder mit meiner vollen Energie auf meinem Weg bin.

Von Herzen Danke.

Mitziehungskraft

Fühler

Gefühle fühlen, benennen, hinterfragen, einordnen, ergründen. Spüren. Im Innen, im Aussen, bei sich selbst, für sich selbst, bei Mutter, Vater, Bruder, Freundin, Kind, Hund, Katze, Maus, Liebe Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, Liebschaft Nr. 4, Affäre Nr. 5, One-Night-Stand Nr. 6.

Die Schule des Lebens. Stundenlang, ermüdend, verzweifelnd, sich Ratschläge holend von Besserwissenden, Anderswissenden, Nichtswissenden. Nasen in Büchern, in Ohren, am Radio oder in der Luft.

Gefühlschaos, Gefühlsexplosion, Gefühlscocktail, Gefühlsarmut, Leere.

Am Ende bleiben beständig nur Angst und Liebe.

Fühler

Alex Supertramp

Mit gebeugten Knien kann man nicht frei sein.
Ich erhebe meine Tasse und bitte still darum, dass man mich so nimmt wie ich bin.
Damit ich atmen kann…
Das Leben umkreist die Menschen, droht sie zu verschlucken.
Ihr halbes Leben langen sagen sie Ehefrauen “Gute Nacht”, die sie kaum kennen.
Ich habe den Kopf voller Fragen, den Lehrmeister in meiner Seele.
Das ist der Lauf der Dinge…
Komm nicht näher, sonst muss ich gehen.
Mit der Macht der Schwerkraft ziehen mich manche Dinge an.
Wenn mich überhaupt jemand zu Hause halten konnte, dann warst du das…
Alle, denen ich begegne, leben freiwillig in Käfigen.
Sie denken an mich und meinen Weg, aber ich bin nicht so wie sie denken.
Ich bin empört, aber meine Gedanken sind rein.
Ich lebe…
Den Wind in meinen Haaren fühle ich mich überall zugehörig.
Unter meinem Sein erscheint eine Straße, die verschwunden war.
Nachts höre ich die Bäume mit den Toten singen.
Ganz weit oben…
Überlasst es mir, meinen Weg zu finden.
Seht mich als Satelliten, der immerzu kreist.
Ich kenne alle Regeln, aber die Regeln kennen mich nicht.
Garantiert nicht…

(Into the wild)

Alex Supertramp