Der Gott des glücklichen Moments

Mein Elternhaus steht in der Nähe des wunderschönen Städtchens Trogir. Für mich die romantischste Stadt Kroatiens. Jedes Jahr aufs Neue, verliere ich mich in den kleinen engen Gässchen und Hinterhöfen und verliebe mich immer wieder neu.

In diesem Jahr hat mich ein Freund aus Kopenhagen zum ersten Mal gebeten, seine ganz persönliche Stadtführerin zu sein. Erst da ist mir aufgefallen, wie wenig ich über Trogir und seine Vergangenheit weiß. Also fing ich an zu suchen, mich zu informieren und ich habe mehrfach gestaunt, wie bewegt die Geschichte Trogirs ist, wie lange es sie bereits gibt und wie viele verschiedene Menschen, Nationen und Herrscher über meine geliebten Pflastersteine gelaufen sind. Auch zahlreiche Schutzpatrone wurden Trogir im Laufe der Jahre zur Seite gestellt. Derjenige, der mich unter ihnen am meisten beeindruckt hat, ist Kairos: der Gott des glücklichen Moments. Ein antikes Steinrelief von ihm, befindet sich in Trogir im Kloster des Hl. Nikolaus.

Der griechische Dichter Posidippos aus dem 3. Jh. v. Chr. beschreibt den Gott Kairos in einer Art Interview. Die Essenz aus diesem Gespräch umschreibt für mich sehr schön, was Kairos uns Menschen mitgeben will.

Woher kommt dein Schöpfer?
Aus Sikyon.
Wie heißt er?
Lysippos.
Wer bist du?
Ich bin Kairos (die Zeit, der Augenblick), der alles überwindet.
Warum läufst du auf Zehenspitzen?
Ich laufe beständig.
Warum hast du Flügel an den Füßen?
Ich komme plötzlich wie der Wind.
Warum hast du in der rechten Hand eine Schneide?
Um den Menschen zu zeigen, dass ich schärfer zertrenne als alle anderen.
Warum fällt dir eine Haarlocke in den Stirn?
Damit derjenige der mich begegnet, mich auch ergreifen kann.
Warum in Gottes Namen hast du einen kahlen Hinterkopf?
Wenn ich einmal vorbeigeflogen bin, wird mich keiner von Hinten ergreifen, sosehr er sich auch bemüht.
Warum hat dich der Künstler geschaffen?
Wegen euch Wanderern als Denkanstoß.

Es gibt sicher verschiedene Möglichkeiten, Kairos Antworten zu interpretieren. Für mich persönlich bedeutet es jedoch immer im Jetzt zu bleiben und das Gefühl des Glücks in jedem einzelnen Moment des Lebens zu sehen.

Der Gott des glücklichen Moments

Dressing

Zwei Menschen. Viele Menschen. Ach, diese Menschen. So voller Wut, Hass, Traurigkeit, Resignation und Verlorenheit. Selbst ihre Liebe verpacken sie oft in diesen hässlichen Kleidern. Schmutzig, abgetragen, löchrig, zerfetzt, verzerrt, dunkel. Es ist nicht ihr Fehler. Ihr Kleiderschrank gibt nichts Schöneres her. Und nur die wenigsten Menschen sind mutig genug sich nackt zu zeigen.

Dressing

Wellendisco

Es glitzert auf den Spitzen der Wellen. Die Lichter tanzen. Schneller, wenn ich die Augen zusammenkneife und langsamer, wenn ich sie wieder ganz öffne. Das Meer tanzt Boogie, der Wind stupst es an. Die Vögel schneewalzern sich durch die Luft und zwitschern ein Sommerlied. Ich glaube es ist „Summertime“ von George Gershwin. Die Pinien wiegen ihre Hüften und ihre Haarnadeln von Links nach Rechts, versprühen einen zarten Duft.

Und ich bin nur ein heimlicher Gast.

Wellendisco

Grenzenlos

Ich sehe so viele Schranken, Grenzen, dunkle Räume um mich herum. So viele verschließen sich dem Leben, nehmen sich selbst die Freiheit, die das Leben ihnen jeden Tag gibt. Keine Öffnung, durch die etwas hineinkommen könnte und auch nicht hinaus. Verstopfungen durch Gedanken, Ängste und Sorgen. Wuchernde Tumore.

Sie sehen nichts, hören nichts und lenken sich ab. Überfluss in jeglicher Form. Müllhalde Marke Eigenbau.

Wie kann man Grenzen setzen, wo es keine gibt? Wie kann man sich einschränken, wenn man ständig von Freiheit träumt? Warum werden die, die versuchen Freiheit zu leben als verrückt bezeichnet?

Ich schaue nur zu, öffne mein Herz und laufe weiter Richtung Leben.

Grenzenlos

Step by step

Ich habe gemerkt, dass ich immer mehr zum Beobachter werde. Genau sehe, was bei anderen Menschen passiert und dann natürlich auch bei mir. Denn noch reagiere ich stark auf das Beobachtete, lasse mich davon beeinflussen, oft auch negativ. Dabei macht es gar keinen Sinn, die Gefühle eines anderen Menschen anzunehmen. Es wäre allen mehr geholfen, wenn ich einfach nur sehen würde, mitfühlen, aber nicht mitleiden. Das ist die nächste Aufgabe, die sich mir in den nächsten Monaten stellt. Die mir das Leben stellt.

Auch will ich mit meinen Gefühlen, Ideen und Wünschen bei mir bleiben. Meine Kleider nicht eintauschen gegen andere, die mir nicht einmal passen. In uniformer Kleidung kann man besser untertauchen, wird aber auch weniger gesehen.

Und ich möchte leiser werden. Weniger ist manchmal mehr.
Weniger reden, weniger machen, weniger denken.
Mehr hören, sehen, riechen, fühlen.
Einfach mehr sein.

Step by step