Nur einmal

„Fehleinkauf“, „nur ein Mal getragen“, „fast unbenutzt“, „wie neu“. All diese und viele weitere Formulierungen begegnen mir immer öfter in diversen Tausch- und Second-Hand-Foren, in denen ich mich eigentlich bewege, um den Einzelhandel zu umgehen und den Konsumwahn nicht weiter zu unterstützen. Aber leider wird er mir auch hier in aller Heftigkeit bewusst.

Warum kaufen wir so viele Dinge, die wir anscheinend nicht benötigen und wollen sie nach nur einmaligem Einsatz wieder loswerden? Warum verschwenden wir unsere Stunden mit Einkauf – Verkauf und beschweren uns dann darüber, dass wir keine Zeit mehr haben? Sind wir wirklich schon soweit, dass wir Kleider, Haushaltsgeräte, Sportutensilien und viele andere unvorstellbare Dinge wie Einweg-Haushaltstücher benutzen? Geht es darum Geld loszuwerden? Denken wir einfach nicht nach?

Welche Leere füllen wir damit? Die weißen Wände in unserer Wohnung, die modische Lücke in unserem Schrank?

Von was versuchen wir uns abzulenken? Dem stressigen Job, der anstrengenden Beziehung?

Für was möchten wir uns belohnen? Die bestandene Prüfung, eine schwere Zeit die wir alleine gemeistert haben?

Was fehlt wirklich?

Nur einmal

Kapitulation

Vor einem Jahr hat ein für mich sehr inspirierender Mensch mir dieses Wort mitgegeben. Es ging um Beziehungen zu wichtigen Menschen. Menschen, die man liebt, die wichtig sind, wichtig waren, aber die nicht verstehen, nicht mitkommen, nicht loslassen können. Ich konnte das Wort damals nicht annehmen, nicht gebrauchen, habe es als etwas Negatives empfunden, etwas mit dem ich nichts anfangen kann und habe es deshalb erst mal weggelegt. Ich wollte nicht kapitulieren. Aufgeben? Niemals! Das würde ja einer Niederlage, einem Zugeständnis gleichkommen. Jemanden bestätigen in seinem Denken? Den Kampf nicht weiterführen. Ihn denken lassen, dass er gewonnen hat, noch schlimmer: Recht hat! Keine Chance!

Irgendwann, ohne es zu merken, habe ich einfach losgelassen. Ich habe kapituliert, ja. Aber nicht im kriegerischen Sinne. Nicht aus einer Wut oder aus einem Schmerz heraus, sondern aus Liebe.

Kapitulation

Sieh, ich bin nicht

Sieh, ich bin nicht, aber wenn ich wäre,
wäre ich die Mitte im Gedicht;
das Genaue, dem das ungefähre
ungefühlte Leben widerspricht.

Sieh ich bin nicht. Den die Andern sind;
während sie sich zu einander kehren
blind und im vergesslichsten Begehren,
tret ich leise in den leeren Hund und in das volle Kind.

Wenn ich mich in ihnen tief verkläre
scheint durch sie mein reiner Schein…
Aber plötzlich gehn sie wieder ein:
denn ich bin nicht. (Liebe, dass ich wäre…)

– Rainer Maria Rilke –

Sieh, ich bin nicht

Müllerin Art

Es fing damit an, dass ich die Dinge in meinem Besitz, unbefriedigende Freundschaften, für mich sinnlose Tätigkeiten, zu reduzieren begann. Teils aus praktischen Gründen, teils aus emotionalen und idealistischen. Ich wollte mich leichter fühlen, Ballast abwerfen, neuen Raum erzeugen für ein neues Leben, neue Gefühle, neue Denkweisen. Ich wollte sehen, was dahinter steckt. Was im Grunde schon da ist, aber noch verschüttet, verdeckt, überlagert.

Ich hätte nie gedacht, dass ich so lang aufräumen muss. Ich bin immer noch dabei. Aber langsam blitzen Ding hervor. Teile ragen heraus und ich kann sie in die Hand nehmen und genauer betrachten. Vieles ist komplett neu, manche Dinge erkenne ich wieder und freue mich wie ein kleines Kind. So langsam tritt eine neue und doch sehr vertraute Ordnung in mein Leben. Es erfüllt mich mit so viel Glück und Freude und macht mir Mut weiter zu machen.

Natürlich gibt es Tage an denen ich genug vom Aufräumen habe. An denen ich den vermeintlich nicht kleiner werdenden Haufen vor mir sehe und verzweifle, ja wütend werde. Wie und wann ist dieser ganze Mist zusammengekommen? Tage, an denen mir alles zu blöd wird, zu anstrengend. An denen ich mich umdrehe und gehe. Aber irgendwann – sehr schnell – sehe ich den Haufen wieder, ja rieche ihn. Ich kann ihn nicht mehr ignorieren. Und ich möchte auch nicht zu den Menschen gehören, die ihr Leben irgendwann in einem Müllhaufen beenden. Weil sie ihn ignoriert haben, weil es ihnen zu anstrengend war oder weil sie lieber im Haufen anderer Menschen herumgewühlt haben, anstatt sich um ihren eigenen zu kümmern.

Müllerin Art

Mein Leben, ein Traum

Ich liebe es, wie es ist. Mit all seinen Unvorhersehbarkeiten, seinen Höhen und Tiefen. Mit all dem, was ich schon weiß und was mir doch nicht hilft. Mit all dem, was noch kommt und das mich hoffen, glauben und neugierig sein lässt. Ich träume und wünsche, ich vergesse und lasse los. Ich klammere und verzweifle und möchte es doch nicht ändern. Es macht mich glücklich und traurig. Lässt mich scheitern und dankbar sein. Es spiegelt mich wieder. Genau so ist es richtig.

Langsam, ganz langsam öffne ich die Augen und ein neuer Tag beginnt.

Mein Leben, ein Traum